Du interessierst dich für ein Informatikstudium? Du hast aber keine oder nur wenige Vorkenntnisse und hast Bedenken?
Ich habe letztes Jahr nach meinem Abitur angefangen Informatik an der Uni Hamburg zu studieren und das sogar, ohne jegliche Vorkenntnisse oder jemals Informatikunterricht gehabt zu haben. Im Folgenden berichte ich dir, was für Erfahrungen ich in meinem ersten Semester gemacht habe.
Vorbereitung und Semesterstart
Zur Vorbereitung auf mein Studium habe ich etwa einen Monat vor Semesterbeginn einen zweiwöchigen Mathekurs gemacht, damals noch in der Uni Kiel, bei welcher ich zuerst eingeschrieben war. Dieser hat mir sehr geholfen die Themen aus der Schule zu wiederholen und hat den Einstieg in die Uni – Mathematik erleichtert, indem schon einige Themen aufgegriffen wurden.
Da ich noch nie etwas mit Programmierung oder Ähnlichem zu tun hatte, habe ich zusätzlich angefangen ein Buch über die Grundlagen der Informatik zu lesen (Vorkurs Informatik für Dummies), welches ich aber bis zu Semesterbeginn nur zur Hälfte geschafft hatte.
Das Wintersemester fing letztes Jahr am 1. Oktober an und zwei Tage davor bekam ich eine Nachricht meiner Wunschuni in Hamburg, dass ich dort angenommen war. Weil ich schon in Kiel eingeschrieben war, musste ich dann dort noch alles zurückziehen und habe mich in Hamburg für die freiwillige Ersti-Woche angemeldet. Zum Glück war das alles auch so kurzfristig noch möglich und trotz Corona konnte die Ersti-Woche sogar in Teilpräsenz stattfinden.
Die Ersti-Woche wurde von Studierenden in höheren Semestern organisiert, dort wurden wir in Kleingruppen eingeteilt und sie haben uns die Uni gezeigt und einige Tipps zum Studium gegeben.
Da ich noch nie studiert habe, war diese Woche sehr hilfreich, denn ich wusste noch gar nicht wie ein Studium überhaupt abläuft und was man alles beachten muss. Außerdem konnte man so auch schon einige Kommiliton:innen kennenlernen und sich vor Ort zurechtfinden.
Die Module und digitale Lehre
Ich habe in meinem Semester alle Module des Plans für das Informatikstudium meiner Uni belegt. Dabei fanden fast alle Vorlesungen und Übungen digital statt, was für mich sogar vorteilhaft war, da ich mir so die Fahrtwege gespart habe und die Vorlesungen gucken konnte, wann es mir am besten gepasst hat.
Lediglich die Vorlesungen in dem Modul diskrete Mathematik fanden bis Dezember in hybrider Form statt und man konnte sich aussuchen, ob man digital oder in Präsenz teilnimmt.
Softwareentwicklung 1
In diesem Modul lernt man die Grundlagen der Programmierung und später, wie man in Java programmiert.
Ich hatte wöchentlich eine Vorlesung und zusätzliche Übung und einen Online-Test, den ich bestehen musste, bei dem man aber auch mehrere Versuche hatte.
Die Übung hat mir besonders geholfen, denn da ich keine Vorkenntnisse hatte, ist es mir am Anfang etwas schwer gefallen, mir die theoretischen Inhalte aus der Vorlesung praktisch vorzustellen.
Die Übungen hat man immer mit einer Partner:in erledigt, was zu einem besseren Verständnis bei beiden geführt hat, weil man sich ergänzen konnte und auch wenn meine Partner:in schon viel Erfahrung in der Programmierung hatte, konnte ich immer Fragen stellen und mir wurde alles erklärt.
Außerdem haben die Übungen mit einem niedrigen Niveau angefangen und wir haben zuerst nur in Karel programmiert, das ist eine stark vereinfachte Programmierumgebung, bei der man die grundlegenden Formulierungen lernt. Später sind wir dann zu BlueJ gewechselt, was auch noch eine vereinfachte Umgebung ist, in der man jedoch schon die Grundlagen von Java lernt und anwenden kann.
Nach meinem ersten Semester kann ich zwar noch kein eigenes Java Programm schreiben, aber ich habe verstanden was viele Fachbegriffe bedeuten und die grundlegenden Konzepte der Programmierung verstanden. Ich habe allerdings gemerkt, dass ich oft viele Fragen stellen musste, um das Thema endgültig zu verstehen. Diese wurden aber immer ausführlich und verständlich beantwortet
Rechnerstrukturen und Betriebssysteme
Dieses Modul beschäftigt sich mit der Codierung und Funktionsweise der Hardware und war für mich das schwierigste und zeitaufwendigste Modul. Wir mussten in einer Kleingruppe jede Woche einen Übungszettel bearbeiten und abgeben. Für die Aufgaben habe ich teilweise bis zu 4 Stunden gebraucht und ehrlicherweise haben mir die Vorlesungen bei der Bearbeitung nicht wirklich geholfen. Das angebotene Tutorium hat mir dagegen sehr geholfen und dadurch habe ich die Inhalte dann einigermaßen verstanden.
Trotz meiner Probleme in diesem Modul, war es interessant mehr über die Hardware zu erfahren und sogar eigene Programme zu schreiben.
Diskrete Mathematik
In diesem Modul lernt man die Grundlagen der diskreten Mathematik, die man für die Informatik benötigt. Die Übungen in Mathematik sind mir nicht schwer gefallen, da viele Themen schon in dem Mathevorkurs besprochen wurden und ich zusätzlich an dem wöchentlichen Tutorium teilgenommen habe, um letzte Fragen zu klären. Dieses Modul hat mir außerdem am meisten Spaß gemacht, da Mathe schon immer ein großes Interesse von mir war und ich hier die größten Erfolge hatte.
Informatik im Kontext
Informatik im Kontext ist auf jeden Fall das Modul, welches mich am meisten überrascht hat. Es gliedert sich in drei Teile (Mensch, Organisation und Gesellschaft) und stellt die Informatik mit diesen drei Bereichen in einen Kontext.
Vor den Vorlesungen konnte ich mir nicht wirklich was dabei vorstellen, habe aber dann schnell gemerkt, dass es sehr interessant ist zu sehen wie die Informatik sich auf die verschiedenen Bereiche im Leben auswirkt.
Besonders faszinierend war es zu erfahren, welche Faktoren bei der Programmierung von Software mit einfließen und wie viel Verantwortung man als zukünftige Entwickler:in hat.
Da dieses Modul oft sehr wirtschaftlich ist und auch teilweise Inhalte aus Biologie oder Philosophie aus der Schule wiederholt, hatte ich auch hier keine Probleme.
Fazit
Ich habe definitiv unterschätzt, wie zeit- und lernaufwändig das Informatikstudium wird, da ich dachte man müsste nur Vorlesungen besuchen. Da man aber wöchentlich Übungen hatte und diese auch abgeben musste, saß ich oft von morgens bis spät abends vor meinem Computer und habe gelernt und hatte trotzdem nie das Gefühl fertig zu sein. Vor allem in den eher technischen Modulen Rechnerstrukturen und Betriebssysteme und Softwareentwicklung hatte ich manchmal Probleme die Vorlesungen und Übungen zu verstehen und musste deswegen viel nacharbeiten und nachfragen. Ich habe gemerkt, dass es meinen Kommiliton:innen, die alle schon Vorerfahrung hatten, oft leichter gefallen ist. Ich musste mich also trauen viele Fragen zu stellen, auch wenn sie noch so unnötig erschienen, und sie wurden immer hilfreich beantwortet. Meine Angst, dass ich nicht zurecht komme, weil ich keine Vorkenntnisse hatte, war unbegründet, da das Studium vor allem für Leute wie mich ausgelegt ist. Natürlich benötigt es trotzdem Durchhaltevermögen und Ehrgeiz, denn einige Themen fallen einem eben doch nicht so leicht, wenn sie ganz neu sind und die vielen neuen Aufgaben haben bei mir auch manchmal zur Verzweiflung geführt. Trotzdem war das Studium für mich definitiv die richtige Entscheidung und ich freue mich schon darauf noch mehr über Programmierung zu lernen.