Hast du schon mal etwas von studentischen Unternehmensberatungen gehört? Ich kannte das Konzept während meines Studiums lange nicht. Erst als Freunde mir davon berichteten, habe ich mich informiert und spontan für einen Infoabend bei der Hamburger studentischen Unternehmensberatung Hanseatic Consulting angemeldet. Während des Infoabends war ich sofort von dem Konzept überzeugt und in diesem Artikel erzähle ich dir, warum.
Was ist eine studentische Unternehmensberatung?
Die erste studentische Unternehmensberatung wurde 1967 in Frankreich gegründet. In Deutschland wurde etwas später das große Potenzial von studentischen Unternehmensberatungen erkannt und 1988 die erste in Darmstadt (Junior Comtec Darmstadt e.V) gegründet. Inzwischen gibt es in fast jeder größeren Unistadt eine studentischen Unternehmensberatung. Schau hier, ob es auch in deiner Nähe eine gibt.
Studentische Unternehmensberatungen sind meist Vereine, die ausschließlich von Studierenden organisiert werden. Beratung ist längst nicht mehr nur etwas für Wirtschaftswissenschaftler. Immer mehr Disziplinen und Studiengänge werden in den Beratungen nachgefragt. Als studentische Berater:in arbeitest du meist in kleineren Teams an Projekten, die einige Wochen bis Monate dauern. Die Projektinhalte sind so vielfältig wie die Unternehmen, die mit studentischen Unternehmensberatungen arbeiten: Businesspläne für Startups, Prozessoptimierungen beim Mittelstand oder Recruitingkonzepte für Konzerne.
Häufig ist die erste Frage, warum Unternehmen überhaupt studentische Beratungen beauftragen sollten. Dafür gibt es viele Gründe. Zunächst ist die studentische Version natürlich deutlich günstiger als eine klassische Beratung. Außerdem haben die Unternehmen direkten Kontakt zu möglichen Nachwuchskräften und der Zielgruppe von Morgen. Neben der hohen Motivation bringen die studentischen Berater:innen auch neue Blickwinkel und Ideen mit.
Interne Bereiche in studentischen Unternehmensberatungen
Neben den vielfältigen externen Projekten kannst du dich auch intern im Verein engagieren und dich in den unterschiedlichsten Bereichen ausprobieren. Da der Verein ausschließlich von Studierenden organisiert und geführt wird, kannst du dich in folgenden Bereichen engagieren:
- Projekte: Vertrieb und Kundenbetreuung sind deine Stärken oder du möchtest es mal ausprobieren? Dann kannst du dich im Ressort für Projekte engagieren und neue Kunden für die Projektarbeit akquirieren.
- Personal: Du möchtest wissen, wie die Arbeit in HR aussieht? Das Ressort Personal gehört zu den wichtigsten Ressort des Vereins. Hier geht es um das Recruiting neuer Berater:innen, das Onboarding und die Weiterbildung der Mitglieder.
- Marketing: Kreativität ist deine Stärke und du möchtest Erfahrungen im Marketing sammeln? Für eine studentische Unternehmensberatung ist ein starker Außenauftritt sehr wichtig. Du kannst dich im Personal- und Kundenmarketing ausprobieren und Konzepte für das Social Media Marketing erarbeiten.
- Finanzen: Im Verein und im Projektgeschäft gibt es viele Finanzströme und finanzielle Fragen. Du liebst Zahlen und Excel? Dann kannst du den Verein mit einem guten Überblick über alle Finanzen unterstützen.
- Recht: Du studierst Jura oder dich begeistern rechtliche Fragestellungen? Dann kann du dich im Bereich Recht engagieren. Dort lernst du viel zu Vertragsrecht, Vereinsrecht, Steuerrecht und Wirtschaftsrecht.
- Qualitätsmanagement: Das Qualitätsmanagement ist in vielen Bereichen des Vereins sehr wichtig. Sind die Kunden mit den Projektergebnissen zufrieden? Sind die Prozesse effizient? Fühlen sich alle Vereinsmitglieder wohl und verhalten sich im Sinne der Vision und Werte? Du behältst gerne den Überblick und bist sehr gewissenhaft? Dann bist du im Qualitätsmanagement gut aufgehoben.
- IT: Du möchtest eine IT-Infrastruktur aufsetzen oder verbessern? Du hast Lust eine Website zu entwickeln oder mit den neusten Tools die Vereinsprozesse zu optimieren? Dann bist du im IT-Ressort des Vereins genau richtig.
Was sind deine Vorteile einer studentischen Unternehmensberatung?
Wir können dir auf jeden Fall empfehlen, Teil einer studentischen Unternehmensberatung zu werden – auch wenn du später nicht in der Beratung arbeiten möchtest. Du kannst einzigartige Praxiserfahrung sammeln und bekommst ungefilterte Einblicke in die unterschiedlichsten Berufe, Branchen und Unternehmen. Im Vergleich zu einem Praktikum oder Werkstudium kannst du – intern und extern – sehr schnell sehr viel Verantwortung übernehmen. Dadurch hast du eine hohe Lernkurve. Es gibt keine festen Arbeitszeiten oder eine feste Stundenanzahl, die du pro Woche investieren musst. Du kannst alles selbst gestalten. Um aber das Beste aus der Zeit zu machen, solltest du einiges an Zeit einplanen. Dies kann auch von Phase zu Phase variieren.
Der für mich wichtigste Punkt ist die Möglichkeit, sich ein vielfältiges Netzwerk aufzubauen. Du lernst Studierenden aus verschiedenen Universitäten und Studiengängen kennen. Die Vereine haben meist ein großes Alumni-Netzwerk und es gibt viele Partner und Unternehmen, die du in dieser Zeit kennenlernst. Dies kann für deine Zukunft sehr wertvoll sein. Der Verein bietet dir außerdem viele Möglichkeiten an Aus- und Weiterbildungen. Viele Schulungen werden von Vereinsmitgliedern abgebildet. Es werden zusätzlich auch Vorträge und Workshops von Unternehmen oder ehemaligen Mitgliedern angeboten.
Viele studentische Unternehmensberatungen vergüten ihre Berater:innen auf externen Projekten. Dies kann jedoch sehr unterschiedlich sein und ist nicht mit einem regelmäßigen Einkommen zu vergleichen. Eine Mitgliedschaft bietet dir außerdem viel wertvollere Vorteile. Neben den beruflichen Vorteilen ist ein studentischer Verein eine tolle Möglichkeit Freundschaften zu schließen. Man hat die gleichen Interessen und die gemeinsame Motivation etwas zu bewegen. Ich bin mit einigen HClern befreundet und stehe noch mit vielen in Kontakt.
Was sind mögliche Nachteile einer studentischen Unternehmensberatung?
Bevor du über eine Bewerbung bei einer studentischen Unternehmensberatung nachdenkst, solltest du dir bewusst sein, dass dies einen hohen zeitlichen Aufwand bedeuten kann – je nach Projekt und internem Engagement. Du solltest mindestens 10 Stunden pro Woche aufbringen können. In Klausurenzeiten kann dies natürlich auch mal weniger sein. Du hast außerdem keine festen Arbeitszeiten, was für manche nachteilig sein kann. Oft wird in studentischen Unternehmensberatungen abends und am Wochenende gearbeitet. Du musst eine hohe Eigeninitiative mitbringen, da du keine direkten Vorgesetzten oder ähnliches hast, die dir Aufgaben geben. Überlege dir daher, ob die studentische Unternehmensberatung zu dir passt. Es liegt an dir, was du aus deiner Zeit bei einer studentischen Unternehmensberatung machst.
Was solltest du als studentische Berater:in mitbringen?
Als studentische Unternehmensberater:in solltest du eine ausreichende zeitliche Verfügbarkeit mitbringen. Viele unterschätzen zu Beginn den Aufwand. Du solltest im besten Fall auch noch länger als ein Jahr studieren. Wichtiger als fachliche Kompetenzen sind ein hohes Engagement und Eigeninitiative. Du solltest auch eine hohe Lernbereitschaft haben. Für die unterschiedlichen Projekte und Aufgaben musst du dir viel selbst aneignen oder deine Fähigkeiten ausbauen. Natürlich spielen auch Softskills wie Team- und Kommunikationsfähigkeit eine große Rolle. Von Vorteil ist es natürlich auch, wenn du dich für die Arbeit als Beraterin interessierst.
Wie wirst du studentische Berater:in?
Der wichtigste Punkte ist, dass du keine Erfahrungen als Berater:in brauchst. Das Konzept der studentischen Unternehmensberatungen ist es, dich auf den Beratungsalltag vorzubereiten und dich dafür auszubilden. Trotzdem wird oft ein Bewerbungsprozess durchgeführt. Dies hat meist den Grund, dass die Vereine nicht unendliche viele Studierende gleichzeitig ausbilden können. Du kannst mit einer hohen Motivation und Eigeninitiative punkten. Beschäftige dich vorher mit dem Konzept studentischer Unternehmensberatungen und dem Verein selbst. Welche Vision und Werte hat der Verein?
In der Regel musst du als erstes deinen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben an den jeweiligen Verein schicken. Darauf folgt meist ein persönliches Gespräch oder ein kleines Assessment Center. Informiere dich vorher über Case Studies und Brainteaser. Ansonsten denke daran, dass dir Studierende gegenüber sitzen. Wichtiger als fachliche Kompetenz sind der persönliche Fit und die Begeisterung für das Konzept. Wenn für dich der monetäre Anreiz im Fokus steht, ist eine studentische Unternehmensberatung meist nicht das Richtige für dich.
Studentische Unternehmensberatungen, in denen wir uns engagiert haben
CIRCLE Consulting e.V.
CIRCLE habe ich zusammen mit sechs anderen Studierenden Anfang 2021 gegründet. Wir wollen einen stärken Fokus auf die soziale, nachhaltige und digitale Transformation der Hamburger Wirtschaft legen. CIRCLE berät Organisationen und Unternehmen in den Beratungsfelder Idea Consulting, Start-up Consulting, Strategy Consulting und Impact Consulting. Wir als Gründungsmitglieder sind alle sehr gut in Hamburg vernetzt und wollen dies nutzen, um unsere Zukunft zu gestalten. Langfristig wollen wir die Startup Kultur in Hamburg fördern und digitale Talent ausbilden.
Es gibt ähnlich wie bei allen studentischen Unternehmensberatungen die Ressorts Projects, People & Culture, Marketing, Quality, Finance & Legal und Network. Wir befinden uns derzeit noch im Aufbau und suchen erste weitere motivierte Studierende, die Interesse haben, einen Verein mit aufzubauen. Es gibt bisher kaum festgelegte Strukturen und du kannst den Verein mitgestalten. Als Einsteigerprojekt wird du ein unbezahltes Projekt bei einer sozialen Organisation machen. Wenn du an einem Einstieg bei CIRCLE interessiert bist, schreib mir einfach eine Nachricht an lena@itgirls.de.
Hanseatic Consulting - Studentische Unternehmensberatung e.V.
Hanseatic Consulting (kurz HC) wurde 1993 gegründet und ist einer der größten studentischen Unternehmensberatungen in Deutschland. Bei HC engagiere sich Studierende aus den verschiedensten Universitäten und Hochschulen in Hamburg. Auch die Studiengänge sind sehr vielfältig. HC berät Unternehmen in den Beratungsfeldern Prozessen, Marketing, Personal, Strategie und Digitalisierung. Der Verein hat die Ressorts Projekte, Finanzen und Recht, Personal, Netzwerke und Marketing. Nach einer erfolgreichen Bewerbung bist du Teil eines Traineeprojektes. Anschließend kannst du den Weg zu Mitglied beschreiten. In externen Projekten gibt es die Rollen: Teammitglied, Projektleiter und Projektmanager. Seit ein paar Jahren gibt es außerdem das HC-Hub. Hier kannst du deine Kenntnisse in Softwareentwicklung und agilen Methoden direkt in der Praxis in internen und externen Projekten anwenden. Die Studierenden im HC-Hub sind unter anderem für die Website und die interne Berater:innenplattform, die komplett selbst entwickelt wird, verantwortlich. Wenn du bisher keine Erfahrungen in Programmierung hast, bietet dir das HC-Hub die Möglichkeit, dies zu erlernen.
Ich habe bei HC sehr die ausgeprägte Feedbackkultur geschätzt. Du erhältst auf jedes Dokument, jedes Ergebnis und jeden Beitrag Feedback. Außerdem lernst du selbst wie du konstruktives Feedback gibst. Besonders gut hat mir außerdem das wöchentliche Vereinstreffen gefallen. Hier findest du eine Mischung aus Vorträgen, Vereinsupdates, Projektupdates, Workshops und Vereinsleben. Du kannst dich jetzt noch bis zum 25. April bei Hanseatic Consulting bewerben.
move Studentische Unternehmensberatung e.V.
move ist eine studentische Unternehmensberatung in Münster und somit eng mit der Universität Münster verknüpft. Die Studierenden kommen aus ganz verschiedenen Fachrichtungen, hauptsächlich aber aus dem Bereich BWL, Jura und Wirtschaftsinformatik. Dementsprechend liegen die Schwerpunkte der Beratungsfelder auf Marketing, Prozessen, IT und Strategie. Besonders an move sind die starken Kooperationspartner wie beispielsweise BCG, accenture oder EY Parthenon. Darüber hinaus herrscht auch ein starke Unternehmer:innenkultur und es sind bereits einige erfolgreiche Start-ups von ehemaligen movler:innen gegründet worden. Fitz&Huxley, edyoucated und techlabs sind nur einige der Beispiele. Dein Weg als studentische Unternehmensberater:in läuft ähnlich wie bei HC ab: nach einer erfolgreichen Bewerbung wirst du Trainee in einem Ressort oder einer Practice Group und nach einem Jahr hast du beim sogenannten Anwärterprojekt die Chance, als Mitglied in den Verein aufgenommen zu werden. Schon während deiner Zeit als Trainee hast du sowohl die Möglichkeit interne Projekte im Verein als auch externe Projekte für Unternehmen oder Organisationen zu machen.
Laura war etwas mehr als ein Jahr bei move aktiv und hat während der Zeit vor allem den starken Teamzusammenhalt sehr geschätzt. Beispielsweise in den Vorbereitungen auf Case Studies für Bewerbungsgespräche haben sie sich gegenseitig unterstützt und Laura konnte wirklich jede movler:in nach Tipps oder Ratschlägen fragen. Insbesondere da in ihrem Studiengang relativ wenige Kommiliton:innen an Tech und Consulting interessiert sind, hat sie der Austausch mit Studierenden anderer Fachrichtungen sehr weitergebracht. Darüber hinaus wurde move häufig von den Kooperationspartner oder andere interessante Unternehmen in den Sitzungen besucht, was eine einzigartige Möglichkeit ist, Unternehmen und Karrierewege kennenzulernen.
Wir werden demnächst noch unsere persönlichen Erfahrungsberichte über unsere Zeit in studentischen Unternehmensberatungen schreiben. Schau dir in der Zwischenzeit Lauras Artikel zu ihrem Praktikum in einer Beratung an!